Informationen über Johann Móry

"Ein mittelgroßer Mann mit angenehm ruhiger Tenorstimme, fast geräuschlosem Gang, frisch gebügelt und gescheitelt - hier ein Gruß, dort eine Verbeugung - immer bereit, die Wünsche seiner Hotelgäste zu erfüllen: ob als Partner beim Tennisspiel und Skifahren, als aufmerksamer Zuhörer und Tanzpartner älterer Damen oder als Erzähler spannender Geschichten seiner Reisen durch Europa, Ägypten, den Orient und Afrika, aber auch als Interpret seiner Lieder und Schlager aus Operetten".

So charakterisierte die Presse in den Zwanziger- und Dreißiger Jahren Johann Móry, den Besitzer der Hotels und des Anwesens Neu-Tschirmersee (Nové Strbské Pleso), an der eindrucksvollsten Stelle der Hohen Tatra. Wegen der eingängig schönen und reichen Melodik seiner Lieder, Singspiele und Operetten, die ihm europaweiten Erfolg einbrachten, wurde er auch "Tatras Schubert" genannt.


Johann Móry (1892-1978) stammte aus einer gutbürgerlichen Kaufmannsfamilie in Neusohl (Banská Bystrica). Nach dem Abitur in seiner Heimatstadt absolvierte er in Budapest die Handelsakademie. Von Kindheit an erlernte er Streichinstrumente und das Klavierspiel. Studien der Musiktheorie und Komposition vertiefte er in Hamburg und bei Generalmusikdirektor Hermann Büchel aus Berlin.

Im Jahre 1921 trat J. Móry das Erbe seines Onkels, des bedeutenden Architekten Karl Móry (1845-1921) in der Hohen Tatra an. Er baute den Hotelkomplex am eigenen See mit Tennisplätzen, Strandbad, Aussichtscafe und Kirche zu einem beliebten Ferienort aus.


Gäste aus ganz Europa schätzten nicht nur die Ruhe und die herrliche Lage des Hauses, sondern auch die persönliche Betreuung und den Charme der Gastgeber - eines Künstlerehepaares. Zusammen mit seiner Gattin, der Konzertpianistin und Sängerin Magda Szakmáry, die u.a. an der Deutschen Oper in Prag unter Georg Szell engagiert war, und Musikfreunden (u.a. E. Suchon, B. Bartok, Ignaz Friedmann, Graf Coudenhove-Kalergi) veranstaltete J. Móry oft eigene Musiksalons und Konzerte, die über den Sender "Monte Móry" in das Radiojournal Kaschau (Kosice) live übertragen wurden.


Johann Móry war ein heimatverbundener Europäer: Seine Lieder und Operetten schrieb er vornehmlich in deutsch oder ungarisch. Von der Berglandschaft inspiriert schrieb Móry Lieder, Sinfonische Dichtungen, Werke für Tanz- und Blasorchester, Klavier- und Violinstücke sowie Kirchenmusik und über 200 Lieder auf Texte bekannter Dichter wie Rilke, Demel, Goethe, Tagore, Reiners und Zipser Heimatdichter. Die größten Erfolge jedoch erlangten seine zwölf Singspiele und Operetten. Sie handelten von Liebe und Glück, von Intrigen und menschlichen Schwächen. In den Liedern wird von fernen Ländern, Palmenstränden und vom Duft des Meeres gesungen. Einige sind auch historischen Motiven nachempfunden. Zu ihrer Zeit verzauberten sie das Publikum durch einfallsreiche anziehende Melodien, durch fließende Leichtigkeit der Musik, reiche Harmonie und farbige Instrumentierung.


Viele dieser Bühnenwerke wurden im Slowakischen Nationaltheater in Preßburg (Bratislava), in Brünn, Mährisch Ostrau, Troppau und Prag und mit viel Erfolg auch im Thalia-Theater Hamburg und Schiller-Theater Berlin mit 85 Reprisen aufgeführt. Einige Lieder aus den Operetten wurden in Prag, Berlin und Wien gedruckt und die bekanntesten Arien aus dem Singspiel "La Valliére" in der Interpretation berühmter Sänger, wie Joseph Schmidt und Louis Graveure, kamen als Schallplattenaufnahmen in Berlin heraus.

Nach der Enteignung des gesamten Vermögens, auch beider Konzertflügel, in 1945 unterrichtete J. Móry an der Musikschule in Zipser Neudorf, wo eine Reihe instruktiver Kompositionen für Soloinstrumente wie Akkordeon, Klarinette, Oboe und Fagott und Klavier entstand, die als Unterrichtsmaterial viel Verwendung fanden. In seinen letzten Jahren lebte J. Móry als Rentner in Preßburg (Bratislava), wo seine Ehefrau als gefragte Gesangs- und Klavierpädagogin an Konservatorium und Musikakademie wirkte.

Der Nachlass des Komponisten befindet sich im Museum für Literatur und Musik in Banská Bystrica und im Museum Karlsburg in Karlsruhe-Durlach.

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Zuletzt geändert am 14.01.2004